Marlene Borchardt
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Feedback-Gespräche sind oft ein Drahtseilakt. Wie bereitet man sich vor? Was erwarten Chef*innen? Und: Wie gibt man gutes, konstruktives Feedback, ohne dass das Gespräch unangenehm wird? In diesem Artikel teilen zwei erfahrene Führungskräfte, worauf sie in Feedbackgesprächen Wert legen. Aileen Puhlmann ist Director at Lemonaid & ChariTea Foundation und führt ein Team von fünf Menschen. Pay Jasper Simonsen ist Geschäftsführer bei Norddeutsche Bausanierung GmbH & Co. KG und führt ein Team aus 50 Menschen. Sie geben konkrete Beispiele und verraten auch, welches Feedback sie als Führungskräfte schon bekommen haben.
Aileen Puhlmann, Director at Lemonaid & ChariTea Foundation: Expertenbox: Aileen Puhlman arbeitet beim LemonAid & Charitea e.V. in Hamburg und engagiert sich für globale Gerechtigkeit – mit einem kritisch-reflektierten Blick auf Machtverhältnisse in der internationalen Zusammenarbeit. Neben ihrer Projektarbeit im Globalen Süden bringt sie sich aktiv in rassismuskritische Diskurse ein, gibt Workshops und vernetzt Akteur*innen in Deutschland und darüber hinaus.
Ich habe die Verantwortung für ein Team von fünf Mitarbeitenden, die ich in unterschiedlicher Form betreue. Gleichzeitig bin ich Teil vieler verschiedener Teams und habe oft eine Führungsrolle inne – sei es bei der Arbeit, in meinem Basketballteam als Kapitänin oder in Orga-Gruppen (ehemalige Leiterin von Community Kids, eine ehrenamtliche Eltern Kind Initiative für Schwarze Eltern und Kinder), wo ich den Hut aufhatte. Überall, wo ich mit Menschen zusammenarbeite und eine Verantwortungsrolle einnehme, spielt Feedback eine große Rolle. Es kann entweder helfen oder Dinge schwieriger machen, je nachdem, wie gut der Umgang damit ist.
In meiner Organisation gibt es strukturierte, jährliche Mitarbeitenden-Gespräche, an denen wir bislang festgehalten haben. Hierfür erwarte ich, dass man sich auf den Feedback-Fragebogen vorbereitet. Also schaut, in welchen Feldern es gut läuft und wo man noch Potenzial hat. Da wir eine kleine Organisation sind, geht es bei uns aber oft weniger um KPIs, sondern noch mehr um das Miteinander und deshalb haben wir neben den jährlichen Mitarbeitergesprächen einen selbstverständlichen, informellen Weg gefunden: Wenn Feedback nötig ist, gehen wir einfach direkt ins Gespräch, ohne auf einen festen Termin zu warten. Diese Flexibilität funktioniert für uns gut, denn Feedback muss manchmal sofort erfolgen – da wäre es hinderlich, auf ein geplantes Gespräch in drei Monaten zu warten. Ob Feedback gut funktioniert, hängt von der Arbeitskultur ab. Es geht darum, wie sicher sich Menschen im Team fühlen. Wer sich unsicher fühlt, wird weniger bereit sein, Feedback zu geben oder einzufordern. Persönliche Faktoren spielen natürlich auch eine Rolle: In meinem Team gibt es viele konfliktscheue, harmoniebedürftige Menschen. Ich selbst bin eher jemand, der Konflikte schnell klären will, damit es weitergehen kann. Uns war deshalb wichtig, die Persönlichkeitsprofile im Team bewusst wahrzunehmen. Wir haben dafür die Reiss-Motivationsprofile gewählt.
Ich weiß jetzt zum Beispiel, dass ich manchmal aktiv ein Gespräch anstoßen muss, weil es für manche Kolleg:innen schwer ist, selbst danach zu fragen – auch wenn am Ende beide Seiten davon profitieren.
Pay Jasper Simones ist Geschäftsführer der Norddeutsche Bausanierungs GmbH. Er treibt seit seinem Start als Geschäftsführer im März die Neugestaltung der Unternehmensprozesse voran. Improvisation soll klaren Strukturen weichen – entwickelt mit Feedback aus allen Ebenen. Im Mittelpunkt steht der regelmäßige Austausch mit dem technischen Leiter, den Projektleitern, Obermonteuren und Sachbearbeitenden. Sein Ziel: Abläufe schaffen, die im Alltag funktionieren, weil sie gemeinsam getragen werden.
Im Moment komme ich gerade neu in der Firma als Geschäftsführer an. Und dafür brauche ich das Wissen der Mitarbeiter*innen, weil ich die Prozesse im Unternehmen kennenlernen und auch verändern möchte. Dafür spreche ich mit allen und hole mir das Feedback aus dem Team.
- Pay Jasper Simonsen, Geschäftsführer bei Norddeutsche Bausanierung GmbH & Co. KG.Ich höre genau hin, wenn jemand über Abläufe spricht, über Probleme auf der Baustelle, über Missverständnisse zwischen Projektleitung und Sachbearbeitung.
Ich gehe zweigleisig vor: strukturiert und informell.
Strukturiert durch klassische Mitarbeitergespräche, in denen ich jeden Mitarbeitenden einzeln spreche. Ich habe die Gespräche vorbereitet, leite sie gezielt und frage:
Diese letzte Frage bringt oft die besten Antworten – und echte Wertschätzung. Viele sind erstmal überrascht, dass ich das wissen will. Aber dann kommen richtig gute Ideen.
Beispiel
Im Feedbackgespräch bemängelte einer meiner Monteure, dass wir ein bestimmtes Beschichtungssystem nicht im Portfolio haben. Gleichzeitig hat er angeboten, einen Kurs dazu zu besuchen, so dass wir es künftig anbieten können. Klar, habe ich gesagt - ein perfektes Beispiel für ein Feedback, dass sowohl den Mitarbeitenden als auch das Unternehmen weiterbringt.
Informell ziehe ich mir Feedback im Alltag. Ich höre genau hin, wenn jemand über Abläufe spricht, über Probleme auf der Baustelle, über Missverständnisse zwischen Projektleitung und Sachbearbeitung. Die Sachbearbeitung übernimmt gerade zu viele Aufgaben, die eigentlich zur Bauleitung gehören – das ist ein Symptom. Ich will an die Ursache.
Feedback ist für mich keine Einbahnstraße. Es geht nicht nur darum, was ich an die Mitarbeitenden zurückspiegele, sondern darum, dass ich als Geschäftsführer aktiv zuhöre, frage, verstehe. Ich will eine Kultur aufbauen, in der Feedback selbstverständlich ist – auf allen Ebenen.
Du kannst deinem Chef alle Fragen stellen, die mit deiner Rolle, deinem Arbeitsumfeld oder deiner Weiterentwicklung zu tun haben. Besonders hilfreich sind Fragen nach Prioritäten, Erwartungen oder aktuellen Herausforderungen. Auch Interesse an der Teamdynamik oder am großen Ganzen zeigt Engagement. Wichtig ist, dass deine Fragen konstruktiv und lösungsorientiert sind.
Am besten formulierst du dein Anliegen klar und höflich. Zum Beispiel: „Hätten Sie diese Woche Zeit für ein kurzes Gespräch zu meiner aktuellen Arbeitssituation?“ So zeigst du, dass dir das Gespräch wichtig ist, ohne es dramatisch zu machen. Je konkreter du dein Thema benennst, desto besser kann sich dein Chef darauf vorbereiten.
Ein guter Weg ist, dein Interesse an persönlicher Weiterentwicklung zu betonen. Du könntest sagen: „Ich würde gerne ein Feedbackgespräch führen, um besser zu verstehen, wie meine Arbeit wahrgenommen wird.“ Damit signalisierst du Offenheit und Professionalität. Idealerweise schlägst du gleich einen Zeitraum oder Termin vor.
Sei direkt, aber freundlich: „Ich freue mich über Feedback zu meiner bisherigen Arbeit – besonders zu dem Projekt XY.“ Zeige, dass du Rückmeldungen als Chance zur Weiterentwicklung siehst. Professionelles Feedbackholen bedeutet auch, konkret nach Beispielen oder Verbesserungsmöglichkeiten zu fragen. So bekommt dein Gegenüber einen klaren Rahmen.
Gut sind Fragen nach Zielen, Erwartungen und Entwicklungsmöglichkeiten: „Was lief aus Ihrer Sicht gut? Wo kann ich mich verbessern?“ Du kannst auch nach Unterstützung oder Perspektiven fragen: „Welche nächsten Schritte sehen Sie für mich im Team?“ Solche Fragen zeigen Eigeninitiative und reflektierte Haltung.
Fragen wie „Welche Herausforderungen erwarten mich?“ oder „Was sind die nächsten Ziele für das Team?“ zeigen Interesse an der Rolle und am Unternehmen. Du kannst auch nach Weiterbildung, Unternehmenskultur oder Feedbackprozessen fragen. Damit bekommst du ein realistisches Bild und wirkst gleichzeitig gut vorbereitet.
Vermeiden solltest du persönliche Probleme, die keinen direkten Bezug zur Arbeit haben. Auch Lästereien, impulsive Kritik oder unüberlegte Forderungen (z. B. nach einer Gehaltserhöhung ohne Anlass) gehören nicht in diesen Rahmen. Ein Personalgespräch ist kein Ort für Emotionen im Affekt, sondern für professionelle, sachliche Kommunikation. Vorbereitung hilft, fokussiert und zielorientiert zu bleiben.
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